Seit seiner Eröffnung im Jahre 1869 ist der Suezkanal eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Die knapp 200 Kilometer zwischen Port Said und Port Taufiq bei Suez in Ägypten verkürzen den Seeweg zwischen Europa, dem Nahen und Fernen Osten entscheidend, ersparen sie doch die Umschiffung Afrikas. Umso einschneidender sind die Auswirkungen, wenn der Kanal blockiert ist.
Genau das ist seit einigen Tagen der Fall. Der 400 Meter lange und 59 Meter breite Container-Frachter “Ever Given” blockiert den Kanal. Das aus China kommende Schiff unter panamaischer Flagge hatte sich rund sechs Kilometer nach Einfahrt in den Kanal von Süden her plötzlich quergelegt. Der Bug des Riesenfrachters bohrte sich in das Ostufer des Kanals, während das Heck im Westufer hängen blieb. Seither ist der Suezkanal blockiert. Alle Bemühungen, das Schiff mit Hilfe von Schleppern und Baggern wieder flott zu machen, waren bisher vergeblich.
Bis zu mehrere Wochen Blockade erwartet
Wie lange es dauert, bis der Kanal wieder befahren werden kann, ist einstweilen offen. Einige befürchten, dass es mehrere Wochen dauern könnte. Die zuständigen ägyptischen Behörden widersprechen. Sie gehen von einer Wiederinbetriebnahme binnen weniger Tage aus. Die weitere Entwicklung wird zeigen, wer Recht hat. Nach Auskunft des Eigentümers der “Ever Given”, des japanischen Leasingunternehmens Shoei Kisen Kaisha, gestalten sich die Arbeiten äußerst schwierig. Für die Bergung wurde extra die niederländische Spezialfirma Smit Salvage hinzugezogen.
Die Gründe für die Havarie des Frachters sind nach wie vor unklar. Offiziell wird schlechte Sicht nach einem Sandsturm als Ursache angegeben. Ob auch technische Probleme, ein Stromausfall an Bord oder menschliches Versagen eine Rolle spielten, das wird sicher noch näher untersucht werden. Gerade für die Lenker von Schiffen mit außergewöhnlichen Ausmaßen wie im Fall der Ever Given gilt die Durchquerung der engen Wasserstraße als Herausforderung. Die Strömungsverhältnisse und starke Wüstenwinde sind ein Risiko für “Schieflagen”.
Glücklicherweise ist nicht davon auszugehen dass es durch das Unglück zu irgendwelchen Umweltbelastungen kommen wird.
Internationale Logistik in Turbulenzen
Was die Blockade bedeutet, machen nur wenige Zahlen deutlich. 2020 nutzen rund 19.000 Schiffe die Wasserstraße, mehr als ein Viertel davon waren Containerschiffe. Ägypten verdient mit dem Kanal 4,2 Milliarden Euro jährlich. Das sind mehr als 10 Millionen Euro am Tag – Einnahmen, die jetzt ausfallen. Die Umrundung Afrikas bedeutet für Schiffe etwa 7.000 Kilometer mehr Fahrstrecke und bis zu drei Wochen mehr Fahrzeit. Die Auswirkungen der Havarie zeigten sich sofort. Der Ölpreis stieg kurzfristig und in der internationalen Logistik traten Turbulenzen auf – in Form von Lieferverzögerungen, Container-Mangel und fehlenden Transportkapazitäten.
In der Vergangenheit war der Suezkanal vor allem wegen kriegerischer und politischer Konflikte zeitweise gesperrt, so nach der sogenannten Suezkrise 1956, als versenkte Schiffe den Kanal blockierten und am längsten nach dem Sechstagekrieg 1967. Hier eröffnete der Kanal erst wieder im Juni 1975 – nach rund acht Jahren.