Tagtäglich transportieren unzählige Frachtschiffe Güter über die Weltmeere. Immerhin rund 80 Prozent des weltweiten Handels wird über Seetransporte abgewickelt. Doch nicht nur Container und andere Seefracht reisen über die Ozeane, auch blinde Passagiere in Form von Tieren und Pflanzen werden unfreiwillig mitbefördert. Sie können in den Ankunftsländern großen Schaden anrichten.
Ballastwasser als Risikofaktor
Die größte Gefahrenquelle bildet das sogenannte Ballastwasser, das viele Frachtschiffe aufnehmen müssen, um ihr Gleichgewicht halten zu können. Es wird bei der Entladung in einem Hafen abgelassen und bei der Neubeladung erneut aufgenommen. So kommt es, dass jeden Tag große Wassermengen aus unterschiedlichen Ursprungsorten rund um den Globus verschifft werden. Auf ein Jahr betrachtet kommen dabei gigantische Massen zustande. Rund zehn Milliarden Tonnen sollen es nach Schätzungen sein.
Was eigentlich harmlos klingt, ist es tatsächlich nicht. Denn in dem Ballastwasser tummeln sich viele Lebewesen, die dann in Ökosystemen wieder ausgesetzt werden, wo sie eigentlich nicht hingehören. Fischlarven, Algen und Schalentiere mögen dabei noch sichtbar sein, Krankheitserreger wie Viren und Bakterien sind es nicht. Der WWF gibt an, dass rund 7000 Arten auf diese Weise in neue Lebensräume gelangt sind.
Ökologisch und ökonomisch bedenklich
Sicher richtet nicht jede importierte Art Schaden an, einige sind aber schon gefährlich. Als sogenannte invasive Arten verbreiten sie sich in ihrer neuen Heimat oft explosionsartig – zum Beispiel weil natürliche Feinde fehlen – und verdrängen einheimische Spezies. Das Ökosystem gerät dann unter Umständen ganz aus dem Gleichgewicht. Aber nicht nur ökologisch oder unter Gesundheitsgesichtspunkten ist die Einschleppung bedenklich. Auch erhebliche wirtschaftliche Schäden können die Folge sein.
Beispiele für solche unerwünschten Importe gibt es reichlich. In den USA hat sich die Zebramuschel, die eigentlich im Schwarzen Meer zu Hause ist, stark verbreitet. Die Muschel richtet durch Verschmutzung und Klumpenbildung an technischen Anlagen und Rohren jährlich Schäden in Milliardenhöhe an. Weltweit haben die Invasoren zu einem starken Rückgang der Artenvielfalt bei Süßwassertieren geführt. Sie ist innerhalb weniger Jahrzehnte um mehr als drei Viertel gesunken. Dafür finden sich in deutschen Flüssen mittlerweile 21 ursprünglich hier nicht heimische Fischarten. Hat sich eine invasive Art erst einmal festgesetzt, kann man sie kaum mehr loswerden.
Internationale Ballastwasser-Konvention
Die Eindämmung solcher Invasionen muss daher beim Ballastwasser selbst ansetzen. Schon vor zehn Jahren wurde unter dem Dach der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO eine Ballastwasser-Konvention erarbeitet, die einen besseren Schutz ermöglichen soll. Danach werden Bedingungen und Anforderungen für den Austausch und die Aufbereitung von Ballastwasser festgelegt. Durch eine Aufbereitung mittels geeigneter mechanischer, physikalischer oder chemischer Verfahren soll dabei eine ausreichende ‘Desinfektion’ sichergestellt werden.
Allerdings konnte die Ballastwasser-Konvention bisher noch nicht in Kraft treten, obwohl das Dokument bereits 2004 beschlossen wurde. Dafür ist nämlich eine Ratifizierung von mindestens 30 Staaten erforderlich, deren Handelsflotten mindestens 35 Prozent des Bruttovolumens der Welthandelsflotte ausmachen müssen. Zwar haben bisher 40 Länder die Konvention ratifiziert, sie repräsentieren aber nur 30 Prozent der Welthandelsflotte. Deutschland hat sich im vergangenen Jahr dem Abkommen angeschlossen.
Verzögerungstaktik von Billigflaggen-Ländern
Es sind vor allem Staaten wie China, Griechenland und Panama, die sich bisher der Konvention verweigert haben. Unter der Flagge dieser Staaten sind besonders viele Frachtschiffe registriert. Hinter der Verweigerungshaltung dürften die Reeder dieser Schiffe stehen, die die teuren Investitionen für die Ballastwasser-Aufbereitung vermeiden wollen.
Wenn der Trend zur Ratifizierung anhält, könnte mit dem Beitritt weiterer Staaten mit kleineren Handelsflotten trotzdem in den nächsten zwei Jahren die Grenze für das Inkrafttreten überschritten werden. Bis dann allerdings die Schiffe entsprechend umgerüstet sind, dürften weitere Jahre vergehen. Mit einer schnellen Lösung des Problems ist daher nicht zu rechnen.