Als US-Präsident Donald Trump im Februar diesen Jahres erstmals konkret mit Strafzöllen drohte, war das Erschrecken groß. Dabei hätte man gewarnt sein können. Im Präsidentschafts-Wahlkampf hatte Trump von seinen protektionistischen Absichten keinen Hehl gemacht. Da in den ersten Monaten seiner Regierung in dieser Hinsicht wenig geschah, hatte sich eine allgemeine Schläfrigkeit nach dem Motto “nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird” breit gemacht.
Was für ein Irrtum! Inzwischen beherrschen die Themen “Handelsstreit” und “Strafzölle” fast täglich die Schlagzeilen. Spätestens seit dem letzten G7-Gipfel ist klar geworden, dass Donald Trump neben China auch Europa – und insbesondere Deutschland – im Visier hat, um amerikanische Handelsinteressen mit “robusten Mitteln” durchzusetzen. Noch beschränken sich die US-Strafzölle in Richtung Europa auf Aluminium und Stahl. Doch der US-Präsident droht bereits höhere Zölle für Autos an. Dann würde es wohl richtig ernst für die Auto-lastige deutsche Wirtschaft.
Strafzölle auf deutsche Autos würden weh tun
Nur einige wenige Zahlen machen das deutlich. Im vergangenen Jahr wurden rund 1,35 Millionen deutsche Autos in den Vereinigten Staaten verkauft. Der Großteil davon wurde allerdings in eigenen Werken in den USA produziert. Hier würden sich Strafzölle vermutlich nicht auswirken. Aber immerhin mehr als ein Drittel – absolut 493.000 Stück – gelangte per Import in die USA. Diese Importe würden sich bei Zollerhöhungen deutlich verteuern. Einige Hersteller wie Porsche oder Audi sind zu 100 Prozent auf diesen Vertriebsweg angewiesen, sie haben keine eigene US-Produktion. Insgesamt machen Auto-Exporte in die USA mehr als 19 Milliarden Euro im Jahr aus. Das zeigt die Dimensionen.
1,35 Millionen verkauften deutschen Autos in den USA (2017) stehen
19.157 Zulassungen von US-Fahzeugen in Deutschland gegenüber.
Auch bisher sind Zölle keine Einbahnstraße
In dem Ärger über die Trump’sche Handelspolitik geht allerdings manchmal unter, dass Zölle keineswegs nur einseitig erhoben werden. Die EU ist seit jeher Meister in Sachen Protektionismus und besitzt reichlich Erfahrung mit tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnissen – gerade bei Autos. So erhebt die EU auf Auto-Importe aus den USA selbst einen Einfuhrzoll von 10 Prozent, während die Vereinigten Staaten in umgekehrter Richtung nur 2,5 Prozent verlangen. Bei Kleinlaster-Importen aus Europa kassieren die USA 25 Prozent, die Europäer für US-Pick-Ups je nach Ausgestaltung mal 22 Prozent, mal 10 Prozent. Nicht zu vergessen sind die oft hohen Kosten für die Umrüstung von US-Autoimporten auf europäische technische Standards. Es wäre also völlig verfehlt, von der EU als einer Oase des Freihandels zu sprechen.
Manche denken jetzt wehmütig an TTIP
Strafzölle sind übrigens keineswegs eine Trump’sche Erfindung und haben im Verhältnis USA – Europa sogar eine gewisse Tradition. Schon 1963 verhängte die damalige EWG Strafzölle auf Hühnerfleisch-Importe aus den USA. Die Vereinigten Staaten revanchierten sich – unter anderem mit 25 Prozent-Zöllen auf Kleinlaster-Importe aus Europa. Der “Hähnchenkrieg” ist längst vergessen. Der Kleinlaster-Strafzoll besteht noch immer.
Einige denken jetzt mit Wehmut an das geplatzte Freihandelsabkommen TTIP. Es hätte den Abbau, auf Dauer sogar den Wegfall von Zollschranken zwischen den USA und Europa bedeutet. Auch nicht-tarifäre Handelshemmnisse wären entfallen. Ob Donald Trump an dem Abkommen festgehalten hätte, wenn es zustande gekommen wäre, ist eine hypothetische Frage. Fest steht, dass TTIP auch bei uns höchst umstritten war und nicht zuletzt an dem Widerstand “aus den eigenen Reihen” gescheitert ist. Heute wäre man froh, wenn es eine Freihandels-Vereinbarung mit den USA gäbe. Sie würde Trump das Verhängen von Strafzöllen zumindest schwerer machen.
Und wenn die Zölle fielen
Derzeit wagt kaum jemand zu sagen, wohin der Handelsstreit mit den USA noch eskalieren kann. Im Augenblick sind höhere Zollschranken offenbar wahrscheinlicher als der umgekehrte Weg. Doch was wäre, wenn die Zölle auf beiden Seiten tatsächlich entfielen? Käme es dann zu dramatischen Veränderungen der Handelsströme? Würden die sich das US-Handelsbilanzdefizit gegenüber Europa und Deutschland weiter vergrößern?
Neuzulassungen in Deutschland: nur jedes 170ste Fahrzeug kommt aus den USA.
Bezogen auf Autos würde vermutlich gar nicht viel passieren. Im letzten Jahr wurden bei uns weniger als 20.000 US-Fahrzeuge neu zugelassen. Mit einem “Marktanteil” von 0,6 Prozent sind das “Peanuts”. Umgekehrt entfallen in den Vereinigten Staaten rund zwei Drittel der Neuzulassungen auf SUV’s und Pick-ups, bei denen es nur wenig Konkurrenz aus Deutschland gibt. Beim bestehenden 2,5 Prozent-Zoll für PKW-Importe aus Europa in die USA würde ein Wegfall des Zolls wohl kaum Effekte auslösen. Freuen könnten sich dagegen die Fans bestimmter Modelle auf beiden Seiten. Denn Fahrzeuge, die nur per Import zu haben sind, könnten billiger werden. Aber das bleibt wohl erst einmal ein Traum.